„Das war wahnsinnig, ein unfassbar toller Moment. Im Ziel habe ich direkt ein Handy in die Hand bekommen, da war mein Heimtrainer Uli Kunst dran und als ich dann meine Eltern im Stadion gesehen habe, sind direkt die ersten Tränen geflossen.“ Die 200 Meter in 22,41 Sekunden, der erste deutsche 200 Meter-Titel seit mehr als 15 Jahren – so einen Erfolg bekommen nicht nur die Familie und den Trainer mit. Als Lückenkemper am Samstagabend nach der Dopingkontrolle im Stadion von Eskilstuna auf ihr Handy schaute, erfuhr sie, was es heißt, Europameisterin zu sein. Über ihre Facebook-Seite kamen mehr als 2.000 Glückwünsche, das Video mit dem Gold-Rennen klickten im Internet fast 60.000 Menschen an. „Das war einfach wahnsinnig, was da für ein Feedback kam“,sagt Lückenkemper. Sie habe alle Kommentare gelesen, so viel Zeit müsse sein. Wenig später die Siegerehrung, die Nationalhmyne, die Goldmedaille und wieder kleine Tränen.
Auch wenn sie das selbst nie über sich sagen würde: Die 18-Jährige ist auf dem Weg, ein Sport-Star zu werden. Manchmal bekommt sie Fan-Post nach Hause. „Ich kann das manchmal gar nicht glauben, da denke ich mir auch: 'Was ist denn da los, ich bin doch auch nur ein Mensch?'“
Und dass ein Mensch eben auch Fehler machen kann, erfuhr Lückenkemper am Sonntagnachmittag im Finale der 4x100 Meter-Staffel. Es hätte ihre zweite EM-Medaille werden können. Das deutsche Team steht an der Spitze der Weltjahresbestenliste, lag bis zur Hälfte des Rennens in Führung, doch dann kam dieser Wechsel. Was schon so oft geklappt hat, klappte dieses Mal nicht. Als Teamkollegin Lisa Mayer den Staffelstab an Lückenkemper übergeben wollte, fiel der Stab plötzlich auf die Bahn. Das Rennen war gelaufen, die Britinnen Europameister. „Wenn man dann über die Zielgerade geht und die anderen sind alle schon da und man denkt 'Hier hätte jetzt eigentlich unser Stab sein sollen', ist das natürlich kein schönes Gefühl, aber das gehört auch dazu.“
WM in Peking immer realistischer
Das nächste Staffelrennen soll besser laufen. Im Idealfall findet es in Peking statt. Bei der Weltmeisterschaft der Erwachsenen Ende August. An der jungen Soesterin kann dabei eigentlich kein Weg vorbei führen. Sie selbst drückt es etwas diplomatischer aus. „Meine Chancen sind nach dem Wochenende deutlich gewachsen, nach derzeitigem Stand sieht es echt gut aus“, sagt sie und weiß ganz genau, dass sie die derzeit wohl beste Kurven-Läuferin Deutschlands ist. Ob sie tatsächlich mit nach Peking fliegen wird, entscheidet sich am kommenden Wochenende bei der Deutschen Meisterschaft der Erwachsenen in Nürnberg. Lückenkemper wird als Zuschauerin dabei sein, die anderen Läuferinnen haben hier die letzte Chance, sich für das Nationalteam zu empfehlen. „Das wäre schon Wahnsinn, wenn das klappt. Da werde ich Leute sehen, wie Usain Bolt, allein deshalb lohnt sich das schon“, sagt Lückenkemper. Und sie hofft schon auf den nächsten dieser ganz besonderen Momente. mo
Quelle: Soester Anzeiger