Mittendrin als jüngste Sprinterin, die nicht durch die Qualifikationsrunde (Mindestzeit: 11,33 sec) drei Stunden zuvor muss, ist die 18 Jahre alte Schülerin. Damit ist sie ganze 27 Jahre jünger als der älteste WM-Starter in Peking, Jesus Angel Garcia. Der Spanier wurde 1993 in Stuttgart Weltmeister über 50 Kilometer Gehen. Da war die Soesterin noch gar nicht geboren. „Ich freue mich wahnsinnig auf die WM, das wird bestimmt eine Super-Erfahrung“, schaut Lückenkemper kurz vor der Anreise von Jeju nach Peking auf das Rennen im „Vogelnest“ genannten National-Stadion von Peking. Auf der schnellen Mondo-Bahn hatte Sprint-Star Usain Bolt (Jamaika) bei seinem Olympiasieg 2008 mit 9,69 Sekunden seinen zweiten von drei 100-Meter-Weltrekorden aufgestellt.
Im Vorlauf (live in der ARD und bei Eurosport) könnte Gina Lückenkemper auf Bolts weibliches Pendant treffen: die zweimalige Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser-Pryce. Die Jamaikanerin führt mit 10,74 Sekunden die WM-Meldeliste mit 60 Sprinterinnen an, dahinter folgen ein Dutzend weitere, die in diesem Jahr schon die prestigeträchtige Elf-Sekunden-Marke geknackt haben. Eine solche Breite in der Spitze gab es in den vergangenen Jahren noch nie.
Zahlenspiele für Lückenkemper kein Thema
Gina Lückenkemper rangiert mit ihrer Bestzeit von 11,25 Sekunden auf Platz 31 der Meldeliste. Aus den veranschlagten sieben Vorläufen (vielleicht werden diese aufgrund der Starterzahl noch reduziert) qualifizieren sich 24 Läuferinnen für drei Halbfinals am Montag. Auf Platz 24 der Meldeliste ist die Kanadierin Semoy Hackett mit 11,16 Sekunden notiert – also ein gutes Stück schneller als die Saisonbestzeit von Gina Lückenkemper. Bei den vergangenen drei Weltmeisterschaften mussten für einen Top-24-Platz in den Vorläufen am Vormittag Zeiten um 11,40 Sekunden angeboten werden. Bei den Vorleistungen dürfte das in Peking wohl nicht reichen.
Mit solchen Zahlenspielereien beschäftigt sich Gina Lückenkemper nicht. Das deutsche Sprint-Talent will bei ihrem ersten Auftritt auf ganz großer Bühne Erfahrungen sammeln, setzt sich nicht unter Druck. Das WM-Halbfinale wäre nicht mehr und nicht weniger als eine weitere Krönung einer perfekten Saison für die U20-Europameisterin. „Die Konkurrenz ist brutal stark. Ich bin froh, dass mit Verena Sailer und Rebekka Haase zwei Team-Kameradinnen dabei sind. Das gibt mir zusätzliche Sicherheit“, sagt Lückenkemper. Das Trio zählt auch zum deutschen Staffel-Team, das am 29. August in zwei 4x100-Meter-Halbfinals um den Final-Einzug sprintet. Dort dürfte der Titel zwischen den Sprint-Nationen Jamaika und den USA ausgemacht werden.
Quelle: Trackteam